Das Reisende Archiv |


Die Idee: Archiv-Bestände werden in Form von Arbeitskopien in den Regionen der Tradierung tageweise
zugänglich gemacht. Verborgene Schätze die im Archiv schlummern, werden gehoben und bereichern das
Repertoire der Musikanten. Es wird möglich die vielfältigen Quellen wieder vielen Musikanten
zugänglich zu machen, die ansonsten nicht die Möglichkeit hätten. In der Interpretation der
historischen Archivalien erfahrene Musikanten helfen ihnen dabei. 

Die Teilnehmer können mit den Arbeitskopien so arbeiten, wie sie es in einem Lesesaal könnten, 
aus den Arbeitskopien abschreiben und sogar musizieren ohne andere zu stören, was im Archiv
meist nicht möglich wäre. Alle Teilnehmer tragen sich als Benützer des jeweiligen Archivs
ein.

Ziel der Veranstaltungen des "Reisenden Archivs" ist, den Musikanten von heute die Tanzmusikhandschriften
ihrer Vorgänger nahezubringen. Durch das Zugänglichmachen des reichen Schatzes der Handschriften
früherer Musikanten wird auch angeregt, das eigene Repertoire in Vergleich mit den vorhandenen
Beständen unter dem Gesichtspunkt musikalischer Qualität zu betrachten, zu erkennen, welche
musikalischen Schätze bereitliegen und ins eigene Repertoire aufgenommen werden können. Dies in
einem Bereich, der traditionellen Tanzmusik aus regionalen Quellen, in dem bei den Musikanten bereits eigene
musikalische Kompetenz besteht und sofort angewendet werden kann.

Im Prinzip ist das "Reisende Archiv" ein Versuch, mehr Menschen für die Bestände der Archive zu
interessieren. Ein Versuch neugierig zu machen auf mehr, ein Versuch des Vermittelns eines Zuganges zu den
Speichern des eigenen kulturellen Erbes. 

Angesprochen werden Laien, Musikanten und Musiker, Musikstudierende, insbesondere Volksmusikstudierende,
Kollegen und Kolleginnen, Interessierte vor allem aus musikalischen Traditionen mit Bezug zu den Archivalien,
auch international, etwa aus der Schweiz, aus Bayern, Südtirol, Friaul, Österreich...

Das "Reisende Archiv" dient der Förderung gemeinsamen traditionellen Kulturgutes, nicht der Vermarktung.
Es soll kostendeckend sein aber nicht Gewinnorientiert. Um möglichst allen Interessierten die Teilnahme
zu ermöglichen, wird besonderes Augenmerk auf preiswerte Unterkunftsmöglichkeiten gelegt und die
Möglichkeit der Eigenverpflegung,  Fahrgemeinschaften werden organisiert.

Das "Reisende Archiv" ist kein workshop mit Referenten, jeder Teilnehmer wird selbst aktiv. Gemeinsam wird das
Notenmaterial durchgearbeitet, Melodien werden  ausgewählt und abgeschrieben, zurecht gespielt und
auswendig gelernt. Die Teilnehmer vergleichen und diskutieren Spielweise, Tanzform, ihren  Zugang zu Tanzmusik
und der Traditionen ihrer näheren Heimat.

Von besonderer Bedeutung für der Beschäftigung mit diesen alten Musikantenhandschriften  ist
natürlich auch die praktische Unterstützung, die Vermittlung all der Kenntnisse die es erst
möglich machen wirklichen Nutzen aus den Melodiensammlungen zu ziehen. 
Es geht dabei um das richtige Entziffern der Notation, die Vermittlung des Wissens um Kurzschreibweisen und
Spielanweisungen. Darüber hinaus aber auch um die mit diesen Handschriften und ihren Tanzformen verbundene
Spielpraxis ("Aufführungspraxis"). 
Vieles, was ein Musikant beim Erlernen eines Stückes von Kollegen und Lehrern ganz
selbstverständlich und unbewusst mitbekommt, muss bei Handschriften erst durch bewusste Reflexion und
Zurechtspielen ergänzt werden. 
Ein wesentlicher Teil der Arbeit des "Reisenden Archivs" ist daher die  gemeinsame Übersetzung in die
musikalische Praxis. 

Theorievermittlung und praktische Übungen gehen dabei Hand in Hand. Workshops, die einfache Formen der in
den Handschriften vorkommenden Tänze vermitteln, gehören ebenso dazu wie gegenseitiges Beibringen
besonders "schöner" Melodiefunde und das gemeinsame Musizieren dieser Funde.

Das musikalische Konzept des "Reisenden Archivs" ist vom Erlernen der erhaltenen Melodie auszugehen. 
Das Wissen um den Verlauf der Melodie birgt die Möglichkeit zu variieren und aus dem Improvisieren in
weiterer Folge zu arrangieren. Die Handschriften sind oft einstimmig. Das oftmalige auswendig Spielen einer
Melodie bringt Verinnerlichung, Gestaltung, Variation, Veränderung. An der Melodie lässt sich Ton,
Phrasierung, Verzierung erproben. Diese erhaltene erste Stimme hat Priorität, und hat an sich (genug)
Kraft um zum Tanzen zu verleiten. Eine zweite Stimme kann neu erfunden werden. (Nicht der Verlass auf
"traditionell" "richtig" gesetzten modernen Wechselbass sondern eine aus der Improvisation und dem Experiment heraus
als musikalisch brauchbar/schön/groovig empfundene Begleitung oder Bass ist anzustreben). 

Das "Reisende Archiv" möchte versuchen, zumindest einen kleinen Teil dieser Vielfalt wieder in die
Volksmusik zurückzubringen. Das "Reisende Archiv" möchte auch daran mitwirken die Archive zu
stärken, die Musiker für die Archive interessieren aber auch die Archive animieren sich mehr und
mehr dem verstreuten interessierten Publikum da draussen zu offnen, vielleicht in Zukunft es jenen Archiven
anderer Länder gleichzutun die ihre Bestände online stellen, wie das Svenskt
Visarkiv oder die English Folk Dance and Song Society.


Fragen
Fragen beantworten wir gerne telefonich unter +43 681 10 30 70 90 oder Per mail an
bureau @ dra.tradmus.org